Berge zur Selbsterkenntnis
 
Menschliche Grenzerfahrung (Juli 1984)
 
s ist mir so ziemlich gleichgültig, ob ich vom Berg zurückkomme, oder nicht. Nach Janines Tod vor drei Jahren, ist mein Leben so grau, leer und unbedeutend für mich geworden und seither gehe ich die gewagtesten Alpenrouten überhaupt, ohne Rücksicht auf dieses unerfüllte Leben. Vielleicht suche ich sogar das Ende! Aber habe ich dann auch den Mut, meinem Ende gelassen und gleichgültig entgegen zu sehen, oder werde ich in der Extremsituation, im Angesicht der Gefahr, wieder anfangen, verzweifelt dagegen anzukämpfen?
Seit meiner Matterhorn- Tour war es bis jetzt jeden Tag das gleiche: In der Morgendämmerung hell und klar, vom typischen Taldunst mal abgesehen, gegen Mittag von Südwesten heranziehende Cumuluswolken, später Altocumulus, Einzelgänger ab 4000 Meter und gegen Abend Auflösung derselben mit folgendem herrlichstem Alpenglühen. Aber der auf den hohen Berghängen vor Wochen gefallene schwere Schnee mit dem Risiko von Wächten und Lawinen bleibt immer noch als hautnahe Wirklichkeit. Bei stärkerer Bewölkung würde ich ohne Zweifel den Rückzug erwägen, doch dieses gewohnte Wettermuster lässt mich heute morgen um 02.00 Uhr die Weißhornhütte verlassen.
Sternenklar ist der Himmel. Noch Nacht. Das einzige, das mir schon jetzt Sorgen bereitet, sind die Lawinen, die ab Mittag, oder sogar schon vorher, durch die Südostwand donnern. Ach was, Lawinen! Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod, wenn es nur schnell geht, glaube ich.
Es ist saukalt, als ich über helles Kalkgeröll dem Ostarm des Fluhgletschers zusteige. Der Nachtfrost hat den lockeren Schuttboden hart gefroren und das Gehen auf ihm fällt leichter, als ich erst angenommen hatte. Es dauert nicht lange und ich falle in einen gleichmäßigen, ruhigen Steigrhytmus, immer über das Geröll aufwärts. Trotz der schönen und stabilen Wetterlage bin ich heute morgen der Einzige am Berg. Oder scheuen die Anderen, respektive die Führerpartien den vor Wochen so in Massen gefallenen Schnee? Vielleicht hätte ich mich vor Antritt der Tour in Randa über die Verhältnisse am Berg informieren sollen? Ach was! Dem langatmigen, stupiden Lehrgang in Wetter- und Lawinenkunde, den ich gerade hinter mich gebracht habe, müssen Taten folgen!
Jedesmal, wenn ich zurückblicke, wird die Weißhornhütte kleiner, bis sie hinter einem Geröllgrat gänzlich außer Sicht gerät. Nun bin ich allein. Wie so oft schon abgeschnitten vom Leben. Immer wieder im Laufe der letzten Jahre, habe ich mich selbst in solche Situationen gesetzt, aber jedesmal wieder empfinde ich es wie beim ersten Mal, dieses Überschreiten der Grenze zwischen der Zivilisation und der Extreme der Ursprünglichkeit. Dennoch fühle ich mich heute nicht so fit und kräftig, wie ich anfänglich geglaubt hatte. Eine leichte fiebrige Mattigkeit spürte ich schon gestern, doch dann ging es wieder. Ich führe dieses Schlappgefühl auf den zu schnellen Aufstieg zur Hütte gestern nachmittag zurück. Aber deshalb die Tour heute ausfallen lassen? Diese Schwäche will ich mir selbst nun doch nicht eingestehen. Und trotz der Höhe von beinahe dreitausend Metern komme ich noch relativ schnell voran. Ich halte mein gleichmäßiges Tempo, wende mich jetzt auch mehr gegen Norden und hoch über mir, auf einer Felsterrasse, schimmert mir plötzlich schemenhaft das Eis des Fluhgletschers durch die Dunkelheit entgegen.
Wie schon so oft, bei vorangegangenen Alleingängen dringt mir mit einem Mal die Stille und Abgeschiedenheit meiner Lage ins Bewusstsein. Wieder einmal mehr in meinem Leben spüre ich, was es heißt, von den Menschen und ihrer schützenden Gemeinschaft abgeschnitten zu sein. Dennoch, oder gerade deshalb, ist es so zauberhaft beruhigend, so friedlich hier. Nur die mir so vertrauten Geräusche der Berge bleiben: Kollern von Geröll, Knirschen meiner Stiefel auf dem Schutt und gelegentlich entferntes Krachen oben aus dem Gletscher, das der leise, kaum spürbare Wind herabweht. Ich werde mir des Gefühls der grenzenlosen Freiheit bewusst, das zu tun, was mir beliebt, wann und wie es mir gefällt.
Oder mache ich mir nur selbst etwas vor? Ach was, soll doch das so seltene, erfrischende Unabhängigkeitsgefühl all meine Lethargie von mir wegwischen! Ich bin nur noch mir selbst verantwortlich. Kein Eindringling wird sich zeigen, niemand wird mir im Fall der Fälle zu Hilfe kommen. Absolute Freiheit! Ich habe es keineswegs eilig, da ich mir sicher bin, dass ich bei meiner momentanen Kondition den Gipfel leicht erreichen kann. Wenn sich in der heraufziehenden Morgendämmerung ein schöner Aussichtspunkt bietet, halte ich voll Freude eine Weile an, um den Ausblick auf die berühmten Zermatter Hausberge, die grandiosen Viertausender auf mich wirken zu lassen.
Die oberen Kalkplatten vor dem Gletschereinstieg, zu denen ich jetzt gelange, sind lose und bröckelig, das Steigen hierauf wird unbequem. Dann, ein wenig außer Atem, habe ich den Einstieg in den Schaligletscher vor mir und es eröffnet sich mir der Blick auf die düstere, erdrückende, tausend Meter hohe und fast zweitausend Meter breite Südostwand. Du lieber Himmel, da will ich rauf? Phantastisch! Dieser Anblick trifft mich nun doch ein wenig überwältigend. Im morgendlichen Dämmerlicht wirkt diese Wand noch riesiger und überdimensionaler als auf den Postkartenfotos! Die gewaltige Bergkette vor mir studierend, anstarrend, erwarte ich den Sonnenaufgang. Dort oben, klein und unbedeutend über der Weite des Gletschers, erkenne ich das Firnjoch des Ostgrates, die Schlüsselstelle zum Einstieg auf den Grat. Das Joch bildet die Verbindung zwischen dem Ostgrat und dem Wysse Schijen, 3368 Meter. Dort, wo er anzusteigen beginnt, bis zur halben Höhe hin, sieht dieser Grat relativ harmlos aus, bevor er sich verengt und sich zu furchterregenden Türmen und schneeigen Wächten aufwirft, die halsbrecherisch über den Rand der riesenhaft aufgeschossenen Nordost- Eisflanke hinauszuragen scheinen. Zuletzt, ganz hoch oben, in des Himmels Reich gipfelt er in einer winzigen Eiskuppe, die die Spitze des Weißhorns bildet. Dieser Grat, diese Spitze, sie sind heute mein Ziel!
Anfänglich sieht der Grat verwirrend aus, als hätte ich ihn noch nie zuvor gesehen. Der Maßstab, sowie der von den Fotos her verschiedene Blickwinkel macht ihn für mich unkenntlich, bis nach und nach einzelne Unterscheidungsmerkmale Gestalt annehmen. Ich schultere den Rucksack wieder und steige in den Gletscher ein. Die Masse des auf dem Eis liegengebliebenen Schnees hält sich in Grenzen, ein Umstand, der schnelles Höherkommen ermöglicht. Trotz der Anstrengung friere ich noch. Es ist viehisch kalt! Fünfuhrmorgenkälte auf dem hohen Schaligletscher, den die heimischen Bergbauern schlicht Fluhgletscher nennen, was so viel heißen mag, wie Felswandgletscher, ein für wahr treffender Name! Das Wetter schaut perfekt aus, keine verräterische Wolkenfront, die einen Wettersturz in sich birgt. Ich blicke hinüber nach Süden, zu den Zermatter Gipfeln, die sich von Minute zu Minute aufhellen.
Als ich die ersten Gletscherspalten erreiche, bemerke ich, wie abgründig tief und steil sie hier sind, wo das Gletscherbett an den Eisbrüchen geologisch nicht sehr ausgeschliffen ist. Anfänglich, nach neuerlicher Pause noch steif und unkoordiniert, schinde ich mich bewusst, bis mein Körper von der Anstrengung warm geworden ist, in rhytmischen Bewegungen zu fließen beginnt und die pure Freude, hier zu sein, mich in einen heroischen Schwall hochtreibt, hinauf in eine fiktiv andere Dimension. Schon das beginnende Stück Firn bis hinauf zum Joch ist recht steil. Ich ermüde erschreckend rasch, weil ich erstens innerhalb kürzester Zeit eine Höhe von 3400 Metern bewältigt habe und weil zweitens sich die Schneemenge mit zunehmender Höhe vergrößert und das Spuren quälend erschwert. Und das Joch hier unten ist schon beängstigend stark verwächtet, wie wird es erst oben auf dem Gipfelgrat aussehen? Mein Blick schweift nach links oben, der Route folgend, die ich gewählt habe, eine Linie, die jetzt in der verkürzten Perspektive anders ausschaut.
Der Felsgrat schwingt sich vor mir in einem Gewirr aus Felstürmen, Platten und Rinnen hoch. Schneebänder auf den Felssimsen, überall Eistränen und Eiszapfen. Aber wo ist die Gratlinie, der ich folgen muss? Aufgelöst in ein Chaos der Einzelheiten!
Die Sonne hat mich inzwischen eingeholt, meine Jacke steckt bereits im Rucksack. Ich werde langsamer unter der sonnigen Wärme, mein Mund ist wie ausgetrocknet, verlangt etwas zu trinken. Es ist erst neun Uhr, aber ich benötige erneut eine Pause. Matt fühle ich mich und meine Knie zittern wie Rispengras. Erleichtert lehne ich mich zurück an einen Felsblock, froh, in der wärmenden Sonne ausruhen und umherschauen zu können. Ich glaube, dass ich durch die hohe, kontinuierliche Anstrengung wieder etwas fiebrige Temperatur bekommen habe. Es gilt ja nur noch neunhundert Meter zu steigen, die schaffe ich auch noch! Und nach dieser Tour kann ich mich ein par Tage auf den besonnten Alpwiesen ausruhen, bis meine freudlose Arbeit mich wieder bekommt.
Wieder bei Kräften klettere ich weiter, immer höher, dreihundert Meter, sechshundert Meter, bis ich mich frage, wann diese zerklüfteten, aufreibenden und schlechten Felsen je enden werden. Trotz der Monotonie wird mein Rhytmus zusehens ungleichmäßiger und ich ärgere mich über mich selbst, über meine eigene Unpässlichkeit. Mein Blick schweift ständig ungeduldiger werdend voraus in die Höhe. Aber immer neue Felsgendarmen des großen Grates, der die schaurigen Wände teilt, versperren mir die Sicht auf die weitere Führe. Die ganze Zeit schwirren Eisstücke und Steine aus den Séracs der rechten Eiswand hinunter auf die Felsbarriére oberhalb des Bisgletschers, um dann im mittleren Abbruch zu verschwinden, oder auf den unteren Firnkessel zu kollern. Dabei begreife ich erst, wie respektabel hoch diese Nordosteisflanke dort ist. Nach und nach erkenne ich, dass ich mir mit diesem Aufstieg ein wenig zuviel zugemutet habe.
Dann ist der Firngrat in Sicht! Aber meine Freude darüber ernüchtert sich gleich wieder. Eine große, stark überwächtete Eisklippe, hängt als Rand des Firngrates heraus, behangen mit fünf bis zehn Meter langen Eiszapfen, die frei über den letzten Felsmetern hängen. Ich muss sie umgehen, vor allem aber muss ich aus ihrem Schussfeld heraus! Von meinem Standort aus erscheinen diese Eislanzen klein und harmlos, doch selbst der allerkleinste von ihnen würde mich nach freiem Fall erbarmungslos bis zur Unkenntlichkeit zerschmettern!
Die Norostwand wird stark überwächtet, also bleibt mir als einzige Alternative, ein Stück weit in die Südostwand einzusteigen. Nur aber unter dieser Eiskaskade weg! Ich verliere keine Zeit mehr und steige dreißig Meter weit in den brüchigen Fels der Sonnenwand dieses Berges ein. Schon fühle ich mich im Ungleichgewicht, werde vom Neigungswinkel herausgedrückt, bis ich mich über die Eiskaskade und über Bruchschrofen zum Firngrat hinaufgehievt habe. Selbst jetzt, da ich wieder auf dem Grat stehe, fühle ich mich noch mulmig. Aufgeputscht vom Adrenalin, aber noch zittrig, steige ich weiter auf dem guten, doch schmalen Firngrat.
Nach rechts hin, zur Nordosteiswand ist der Grat unheimlich und für diesen Berg ungewöhnlich stark überwächtet, während ich auf meiner Seite mitunter sogar auf Blankeis stoße. Einige der Schneewächten hängen bis zu zwölf Metern schräg abwärts in die Nordostwand hinaus. Auf einmal sieht meine Route gar nicht mehr so rosig aus. Nur noch sehr langsam komme ich voran und meine Haare sträuben sich bei dem Gedanken, dass eine der Wächten in der zunehmend wärmer scheinenden Sonne losbrechen könnte. Mindestens 60° Grad steil geht es fast tausend Meter abwärts über die Séracs auf die Felsbarriére, wenn...
Hastig steige ich weiter, dennoch quälend langsam, jeden Schritt einzeln erkämpfend komme ich höher auf dem 45° Grad geneigten Eisgrat. Der Höhenmesser steht schon bei viereinhalbtausend Meter, also muss ich gleich oben sein! Weiter, immer weiter, jeder Tritt, jedes Hochziehen am eingerammten Pickel kostet ungeheuerliche Überwindung. Ein par Atemzüge verschnaufen, dann geht es wieder vorwärts, Tritt um Tritt. Zwanzig Meter über mir kann ich wieder ein Ende des Grates erspähen. Die letzten zehn Meter ragen steil auf und das gute Eis macht lockerem, pulverfeinem Wächtenschnee platz.
Dann endlich... Ich stehe unvermittelt oben! Aber statt der gewünschten Hochstimmung überfällt mich ein Schwächeanfall, der mich erst einmal zum Hinsetzen zwingt. Wieder dieses undefinierbare Kniezittern und dazu noch Hitzeschauer im Wechsel mit Schüttelfrost. Habe ich mich mit diesem Berg übernommen?
Die Aussicht von diesem Fels- und Eispalast kann ich gar nicht so recht genießen. Also ist es wohl besser, wenn ich gleich wieder absteige. Nur vorher noch ein par Meter den Nordwestgrat hinab, den Grand Gendarmen anschauen, von dem ich so Viele schon habe berichten hören. Dieser Nordwestgrat scheint noch ärger überwächtet zu sein, als der Normalanstieg, über den ich mich heraufgequält habe. Nach rechts, in die Nordostflanke, in die schaurige Eiswand schauen, das wage ich nicht. Ich will auch gleich wieder zurück, nur noch bis zu dem sicher besseren Aussichtspunkt dort vorne. Doch ich gehe jetzt nicht mehr so konzentriert. Ich atme schwer und spüre die Müdigkeit in meinen Beinen. Eine bleierne Mattigkeit macht sich in mir breit. Es ist ein Teufelskreis: Sobald ich mir einen Bergtraum erfüllt habe, bin ich wieder da, wo ich mit dem Träumen begonnen habe und es dauert nicht lange, bevor ich mir den nächsten Wunsch ersinne, noch etwas anstrengender, noch ein wenig ehrgeiziger, noch ein bischen gefährlicher. Ich mag nicht daran denken, wohin mich das noch führen wird! Er bringt mich stets etwas durcheinander, dieser Augenblick, wo ich den Gipfel erreicht habe, diese plötzliche Ruhe und Stille nach dem Ansturm, die mir Zeit lässt, mich zu fragen, was ich da eigentlich tue und einen nagenden Zweifel hinterlässt, ob mir vielleicht nicht irgendwann einmal die Kontrolle entgleitet.
Nur noch ein Stück, dann kehre ich um. Ich sollte es gleich tun. Doch wer weiß, wann und ob überhaupt ich noch einmal hierher zurückkomme. So kann ich doch sagen: Ich war am Grand Gendarm! Doch hinauf will ich nicht mehr, nur noch das Stück und dann zurück. Dabei überlege ich: Bin ich eigentlich rein zum Vergnügen hier? Oder ist es der versteckte Versuch der Selbstbestätigung? Drängt es mich wirklich nach noch mehr? Diese Dinge gehen mir jetzt durch den Kopf, das denke ich eigentlich immer, jedes Mal, wenn ich wieder einmal einen schwierigen Gipfel hinter mir habe. Aber eine endgültige, alles klärende Antwort, habe ich die jemals gefunden?
Plötzlich gibt es ein scharfes, knackendes Geräusch und meine rechte Hand, die den Eispickel zur Stütze umfasst, schnellt herunter. Der unvermutete Ruck dreht mich auswärts und ich falle augenblicklich ins Leere. Wie ein Schlag in den Magen fühle ich es, gleichzeitig ein rauschender, grollender Lärm. Jetzt ist es aus! das wars! Irgendeine Macht reißt mich hinunter, ich falle, schlage irgendwo an. Schnee- und Eisstaub überall. Ich glaube mich zu überschlagen, falle wie in Zeitlupe und doch so rasend schnell. Rauschen. Alles weiß! Wie in einem falschen Traum fühle ich mich, verstehe gar nichts mehr.
Was ist geschehen? Und blind, meine Güte, ich sehe nur noch weiß, ich bin blind! Etwas kracht ständig gegen mich, schnippt mich herum! Schmerzen überall! Zwischendurch schießt mir durch den Kopf, dass es so ist, wie damals in der Lawine. Panik! Oh Gott, es will gar nicht mehr aufhören, alles dreht sich, ich fühle mich gnadenlos herumgewirbelt! Jetzt rutsche ich wieder, die Geschwindigkeit verwirrt mich, lässt alles in meinem Kopf zerspringen. Angst, Schmerz und dieses intensive Sirren, das sich zum Dröhnen auswächst, ein Gefühl, Fallen in Fastschwerelosigkeit. Nebel. Leere. Gleißende, wabernde Fetzen von irgendetwas, zunehmend dunkler werdend. Finsternis...
Da ist nur noch Dunkelheit, ein Gemisch aus gebranntem Umbra und Preußischblau in der reinsten Form. All dies unter der Sonne des Mittags. Hitze, verklärt zu einem heftigen Brennen, heißer, immer heißer! Meine Oberfläche spannt sich. Heiß wird kalt, wie spätabendliche Kühle. Mich fröstelt. Meine Augen blicken in grelles Licht, in die Sonne. Explosionen blitzen vor mir auf und Blau und Braun wird wirres Schwarz! Schweigen! Friede! Innere Ruhe!
Lautlos aus der Ferne sehe ich... Erscheint... Ein riesiger Bär, mit einem stolzen Adler auf seinen Schultern. Je ein Bund Veilchen tanzt auf seinen Ohren; seine Augen sind Amethyste, senden purpurne Strahlen aus, strahlen auf eine große, überdimensionale Schildkröte, die den Weg weist, den Weg nach Süden, wohin der Wind zieht. Des Bären Augen strahlen nach Süden, ein Sonnensymbol, eine Gottheit? Eine tiefe, fremde Stimme, deren Echo von den Felswänden hallt, von dort, wo er erschien. Der Bär spricht zu mir:
"Du hast nichts zu befürchten, folge dem Wind nach Süden, Du wirst einen großen Krieg sehen und die Dppelzinne einer Burg, aber folge Deinem Weg, er wird Dich zum Frieden führen!"
Dann verschwindet er allmählich. Wieder Finsternis. Ein schwacher Schimmer bleibt, er weist nach Süden... Ich male ein Bild. In der Horizontale. Zwei Farben dominieren: Unten weiß, oben blau, beide Farben von einer scharfen Linie getrennt. Aber diese Linie, der Kontrast, er verschwimmt immer wieder. Erneut male ich diese Linie mit Weiß nach, doch wiederholt verschwimmt sie. Noch einmal mit Blau nachmalen! Jetzt bleibt sie. Aber dafür kontrastiert sich das Weiß, es bilden sich blaue Flecken und Schatten auf der weißen Fläche, erst verwischt, dann klarer, schließlich gestochen scharf.
Alles ist still. Totenstill! Aber ich müsste doch den Verkehr hören, draußen auf dem Rebenring und meine Wellensittiche, ihr ständiges Zwitschern und Zetern. Und der Plattenspieler, warum spielt er nicht mehr? Er spielt doch immer, wenn ich male! Ist die Platte zu Ende? War ich eingeschlafen? Habe ich geträumt? Da war doch ein Traum mit einem Bären, mit einer Schildkröte... Ich denke angestrengt und verkrampft nach. Totenstille! Nur meine Gedanken rasen wie irr. Das innere meines Kopfes scheint sich nach außen zu kehren, scheint sich immer schneller zu drehen, eine Woge von Übelkeit überschwemmt mich. Ich muss dagegen ankämpfen! Die Augen schließen, einen Augenblick nur, entspannen!
Ich zittere, friere, dann flutet stechender Schmerz durch meine Rippen, dort, wo sie schon mal gebrochen waren. Ein wildes, glühendes Feuer rast durch mich hindurch, scheint sich in meinem Kopf zusammenzuballen, schwillt immer mehr an, bis ich die Augen wieder öffne. Wieder mein Bild von Blau und Weiß, diesmal intensiver, blendend hell, geradezu strahlend. Langsam fügen sich tanzende und schwebende Teilchen zum Ganzen, allmählich wird mir bewusst: Ich liege kopfüber schräg nach unten gerichtet auf dem Rücken. Ich bewege den schweren Kopf und mein Gemälde verändert sich plötzlich. Aber nein, es ist ja gar kein Kunstbild! Es scheint Realität! Eis. Es ist eine Eiswand, die dort so das Blau des Himmels reflektiert!
Immer mehr gewinne ich Klarheit. Ich war auf dem Grat vom Weißhorn oben, als der plötzlich unter mir nachgab. Bin ich etwa..? Na sicher doch, wahrscheinlich bin ich in die Nordostwand gefallen! Richtig, das muss es sein! Die Kontraste in der weißen Fläche über mir! Die Séracs!
Aber wie weit? Wie weit bin ich tatsächlich abgestüzt? Ich muss mich aufsetzen! Die Rippen schmerzen, mein Atem will nur in keuchenden Stößen die Lunge verlassen. Himmel, ja nicht wieder schwindelig werden! Langsam den Kopf drehen, nach rechts oben, links unten. Über mir steile, sonnenüberflutete Eiswand, unter mir ein Gletscherbruch, wild zerrisen. Angestrengt versuche ich mir die Karte vorzustellen. Es bereitet Mühe, es hämmert in meinem Kopf. Ich presse meine Stirn in den Schnee, das tut gut. Die scharfe Kälte bring Linderung und beruhigt. Langsame Erkenntnis: Etwas Schreckliches, grauenhaft Dunkles geht mir durch den Kopf. Ich denke darüber nach und spüre, wie der dunkle Gedanke in Panik ausbricht: So, wie es aussieht, bin ich fast fünfhundert Meter durch diese Eiswand gestüzt. Fünfhundert Meter!
Nach dieser Erkenntnis fühle ich mich schlaff, zu keiner Tat mehr fähig. Mir wird das Wunder nicht so ganz klar. Das Wunder darüber, dass ich noch am Leben bin. Oder bin ich schon tot? Ich bin tot! Natürlich, ich bin so gut wie tot! Ich komme niemals wieder hinunter ins Tal! Niemals kann ich das schaffen, über den gesamten Bisgletscher mit seinen drei wild zerrissenen Eisbrüchen. Dann über die Felsabstürze bis hinunter nach Randa, fast 2400 Höhenmeter!
Oder über das Bisjoch hinüber zur Turtmannhütte? Nein, das gelingt mir noch viel weniger: Dreitausend Meter über spaltenreichen Gletscher, hinauf zum Joch, und dann noch ca. sechs Kilometer über den Bruneggletscher, an den ich mich nicht einmal der Karte nach erinnern kann. Aber hatte nicht der Bär in meinem Traum gesagt, ich solle mich gen Süden wenden? Das würde bedeuten, ich muss tatsächlich die gesamte Länge des Bisgletschers traversieren. Was genau da auf mich zukommt, darüber kann mir allenfalls die Karte Auskunft geben. Aber ja, die Karte im Rucksack! Wo ist der Rucksack? Ich muss ihn suchen! Erst einmal versuchen aufzustehen! Es geht, etwas wackelig zwar, doch es geht. Verletzungen ernsthafter Natur habe ich anscheinend keine davongetragen. Du meine Güte! Fünfhundert Meter Eiswandsturz und nicht verletzt!
Über all liegen frische Eistrümmer, manche von ihnen so groß wie Lastwagen. Eine der ganz großen Gratwächten muss unter mir abgebrochen sein! Und wo in diesem Chaos soll ich nun meinen Rucksack wiederfinden? Ist das nicht hoffnungslos? Jetzt fühle ich mich nass und kalt zugleich. Und schwach, so unendlich matt! Die Feststellung durchfährt mich mit neuer Panik: Ich habe Fieber! Ich höre mein eigenes Stöhnen, presse die Augen zusammen, als könnte ich damit erreichen, dass das Fieber auf der Stelle meinen Körper verlässt. Heiße Tränen füllen die brennenden Augen. Nochmals kneife ich sie fest zusammen und spüre glühend heiße Tropfen über mein Gesicht rinnen, sie werden zu unaufhaltsamen Bächen! Ich verliere mich im Selbstgespräch, ohne es gleich zu bemerken: "Du musst das Schwächegefühl unterdrücken! Suche den Rucksack! Los jetzt!"
Dann finde ich ihn auch. Mit durchgerissenen Riemen. Doch meinen neuen Eispickel finde ich nicht. Wenigstens habe ich meine Steigeisen noch an, eine Tatsache, die mich zugleich erschrickt und freut. Wie leicht hätte ich mich an den Eisen beim Sturz verletzen können, so schwer etwa, dass ich hätte verbluten können. Andererseits bin ich froh, sie jetzt noch zu haben. Sie werden mich fest stehen lassen, an Stellen, wo ich es bedarf. Aber ohne Eispickel durch diese Gletscherbrüche? Ich erinnere mich daran, wie es vor einem Jahr gewesen war, mit meinem Fieber, als ich mit Siegfried am Weißgrat unterwegs war: Sicher, den Abstieg hatte ich damals noch geschafft, doch das über fast ebenen Gletscher ohne nennenswerte Spalten, mit jemandem, der mir notfalls Halt gab und mich ständig vorwärts trieb. Dieser jemand, Siegfried, sagte mir damals: Du kannst alles verlieren, nur Deinen Pickel nicht! Er war an meiner Seite und ich brauchte ihm nur zu folgen.
Aber hier bin ich diesmal allein. Allein und einsam, weit weg von jeder Möglichkeit der Hilfe. Wieder heiße Tränen, diesmal vom Fieber nur begünstigt, in Wahrheit aber wohl nur kindliches Selbstmitleid. Wie oft hatte ich schon an den eigenen Tod gedacht, und nun, da die ganze Situation davon gefärbt scheint... Bei diesem Gedanken lassen sich Tränen nur schwer zurückhalten.
Janine! Könnte ich sie doch wenigstens noch einmal wiedersehen! Ich bin entmutigt, fühle mich plötzlich so unerreichbar weit weg von dem, was Leben und Hoffnung ausmacht. Befremdlich. Ich sehe hinauf in den azuren Himmel. Gibt es dort eine Lösung, einen Hoffnungsschimmer? Mein Blick streift über die Eisflanke. Die Séracs werfen jetzt bizarre Schatten. Die Séracs! Die habe ich ja ganz vergessen! Sie sind mittlerweile angetaut von der Sonne des Tages. Ich muss hier weg!
In panischer Hatz quere ich oberhalb des Eisbruchs den Gletscherkessel gegen das Bishorn. Adrenalin ist es wohl, das mir für den Moment die Kraft zurück gibt. Den Rucksack schleife ich hinter mir her. Aber so geht das nicht über den gesamten Gletscher bis unten! Also schnüre ich mir aus dem Wichtigsten ein Überlebensbündel zurecht. Was hatte Siegfried immer wieder versucht, mir beizubringen? Suche das heraus, von dem Du glaubst, dass es zum Überleben in der Extreme unentbehrlich ist, dann nimm davon die Hälfte, das genügt zum Überleben!
Wieder bekomme ich Schüttelfrost, gerade in dem Augenblick, wo ich losgehe, mir einen Weg zu suchen, durch diese weiße, endlos bizarre Hölle, zurück ins Leben. Nur drei Kilometer Luftlinie bis Randa, aber doch so unendlich und hoffnungslos weit weg. Irgendetwas lässt mich weitergehen, dabei wäre es doch ein Leichtes, zu resignieren und einfach sitzen zu bleiben.
Hier, oberhalb des oberen Eisbruchs, liegen Unmengen von Schnee. Ich bete, dass sich darunter keine verborgenen Spalten befinden. Wenn ich nur meinen Eispickel noch hätte... Da macht sich das, was ich gerade eben noch befürchtet habe auch schon über mich her. Der Firn gibt nach, ich verliere den Halt unter den Füßen! Wie etwas Lebendiges springt mir Schnee und Eis ins Gesicht und ich falle still und endlos ins Nichts. Ein böser Traum! Ich falle schnell, schneller, als meine Gedanken sich formieren und mein Magen rebelliert gegen den Fall. Keine klaren Gedanken mehr. Ich registriere nur noch am Rande, dass ich in etwas weiches, nasses falle, das kalt ist, dass ich weiterrolle und irgendwo gegen buffe. Schnee folgt nach, rieselt auf mich herunter und ich spüre das feine Prickeln des Eisstaubs wie aus weiter Ferne auf meinem Gesicht. Dunkelheit und Stille.
Ein Übelkeit erregendes Summen in meinem Kopf bleibt. Wie aus einer anderen Welt höre ich leises Kratzen. Von irgendwoher dringt es zu mir. Ich habe das Gefühl, reglos in der Luft zu hängen, zu schweben, kaum bewusst, was geschehen ist. Ich liege still, starre aus der Dunkelheit auf einen unförmigen, länglichen Lichtschimmer. Mir ist zum Erbrechen übel! Ist es diesmal endgültig aus? Heiliger Grizzly, aber ich kann doch nicht tot sein, wenn ich so etwas fühle! Ich bewege mich vorsichtig und berühre eine kalte Wand. Eis! In der Finsternis taste ich weiter. Eiskalte Nässe! Umständlich beginne ich zu überlegen und Schreckensvisionen halten in meinen Gedanken Einzug. Liege ich etwa auf dem Grund einer Gletscherspalte? Sicher wohl und wie zur Bestätigung rühre ich mit meinem Arm im Eiswasser. So ist das also, so sieht der Grund einer Gletscherspalte aus! Meine Augen gewöhnen sich nur schwer an das Dunkel. Nach links verbreitert sich die Kluft, verliert sich in Finsternis und gähnender Tiefe. Aber sie verjüngt sich auch, nach rechts! Mein Bündel ist auch noch da, liegt neben mir. Und die Steigeisen habe ich auch diesmal nicht eingebüßt. Ein Hoch auf den Hersteller! Mit den Eisen und meinem Bowiemesser habe ich die Chance, mich wieder hinaufzuarbeiten. Mit Spreizen müsste es eigentlich gehen. Ich denke nicht weiter darüber nach, ich tue es einfach, automatisch, wie von einer fremden Macht gelenkt. Jedes Geräusch wird in schauerlichen Tönen vielfach von den Eiswänden zurückgeworfen, klingt unnatürlich verzerrt. Keckernde Echos, die um mich herum hochrollen. Je höher ich auf mühevolle Weise gelange, desto mehr Licht fängt das ewige Eis auf, so das es in silbrig- blaugrünem Widerschein glänzt und stellenweise kann ich kleine, in der Wandoberfläche eingefrorene Felsstückchen sehen, die die Eiswand in unregelmäßigen Abständen punktieren. Sie glitzern nass.
Die unendliche Dunkelheit unter mir jagt mir lähmende Angst ein. Völlig erschöpft und restlos am Ende bin ich, als ich die gerade untergehende Sonne wiedersehe. Sie hat inzwischen die ganze eisigkalte Umgebung in rotgoldenes Licht getaucht. Gegensätzlich fühle ich mich aber auch erleichtert darüber, dass ich die Sonne überhaupt noch einmal erblicke!
Es wird dunkel und ich kann jetzt nicht mehr in den Eisbruch einsteigen. Auf dem freien Gletscher jedoch werde ich binnen vier Stunden erfroren sein! Also muss ich zu der markanten Felsnase dort unten, am Rande eines Spaltenfeldes, dem einzig möglichen Platz, der mir etwas Windschutz verspricht und an dem ich mit etwas Glück eine eisige Nacht überleben kann. Zwischen diesen Felsen krieche ich zähneklappernd in den feucht gewordenen Schlafsack und unversehens hat mich die Müdigkeit mit erlösendem Schlaf übermannt...
Es ist erbärmlich kalt, als ich erwache. Aus einer gähnenden Leere tauche ich hoch und wundere mich, wo ich bin. Dann erschrecke ich. Die Kälte hat mich geweckt! Und das ist gut so. Sie hätte mich ebenso leicht still und schleichend holen können. Saukalt ist es, aber wenigstens hat es keinen Wind. Nur Stille und sternenklare Nacht! Der Himmel ist wolkenlos und von glitzernden Sternen bevölkert, er ist geradezu übersät von der funkelnden Pracht. Ich sehe heute zum erstan Mal bewusst, dass es etwas Unendliches ist, dort oben. Schauen in die Grenzenlosigkeit. Das Mondlicht fügt dem hellen Gefunkel seinen seidigen Glanz hinzu.
Frostige Leere überfällt mich wieder. Und eine Hitzewelle und ein Schüttelfrost und eine Hitzewelle... Dennoch, zum ersten Mal seit vielen Stunden beginne ich, meinem Verstand wieder zu befehlen, normal und rational zu denken: Das Tablettenpäckchen ist doch auch in meinem Notbündel! Ich nehme zwei Paracetamol und eine von den kleinen roten Coca- Pillen. Nur nicht wieder einschlafen! Und das Fieber muss herunter! Morgen werde ich für den Abstieg meine ganze Kraft benötigen.
Die Sterne blinzeln mir zu. Wie viele von ihnen es doch gibt! Gerade jetzt und hier in dieser menschenvergessenen Leere fällt es mir besonders auf. Ist hier unter diesem Sternenteppich alles zu Ende? Es wäre so einfach: Dahindämmern aus dem Halbbewusstsein in den Schlaf, hinweggleiten in ein traumhaftes Schweben, in ruhiges Verbebben, ein Versinken in eine ewige Traumfiktion, ins Nichts...
Heiliger Strohsack, schon wieder eingenickt! Lieber noch eine Coca- Tablette nehmen! Und die Finger bewegen und die Hände! Die Füße auch, sie sind gefühllos geworden. Ich muss sie wieder spüren, selbst, wenn es weh tut! Endlos lange dauert diese Nacht und sie bringt mich an den Rand zur Verzweiflung. Und als sich am Morgen endlich die oberste Spitze des Weißhorns blaßrosa färbt, habe ich bereits die achte Paracetamol und die vierte Coca- Tablette geschluckt, immer mit etwas Schnee, der hier noch wie frisch gefallen liegt. Doch das Fieber ist noch da, unterdrückt zwar, aber noch präsent. Und den Coca- Tabletten habe ich es wohl zu verdanken, dass ich nicht erfroren bin.
Dann flammt das Sonnenlicht an der höchsten Spitze der Eisflanke auf, dort, wo ich gestern noch gestanden hatte. Dieser Anblick erweckt neues Leben in mir. Ich nehme dieses ergreifende Schauspiel bewusst in mich auf und lerne dabei, welch wahre Kraft die Sonne besitzt. Überhaupt lerne ich hier oben, was Leben ist: Wunsch, Hoffnung und Liebe, gemischt mit Luft, Sonne und Wasser!
Der Kranz der Berge, die den Gletscher umringen, wirkt in der Morgensonne so spektakulär, dass ich kaum glaube, was ich sehe. Oder ist es das Fieber, das mich in ein Häuflein Elend verwandelt und mich die Dinge so sehen lässt? Die vertrauten Gipfel sind plötzlich von einer seltenen Schönheit, die mir nie zuvor aufgefallen war. Sah ich doch bislang stets nur das Ziel, den Punkt dort oben, wo ich sagen durfte: Wieder ein Viertausender! Mir wird klar, dass es noch etwas anderes gibt. Nämlich die Schönheit der kleinen Wunder am Rande der Erfolgslinie. Unter der Himmelskuppe steht keine einzige Wolke und die Sonne strahlt aus einer azurblauen Leere, die so leer gar nicht sein kann, denn sie birgt das in sich, das einen Teil des Lebens auf diesem Planeten ausmacht. Ich sitze stumm, wie betäubt und schaue. Ach was, ich habe es doch schon hundertmal gesehen und ausgerechnet jetzt, in dieser Situation fällt mir diese Schönheit auf? Macht mich das Fieber schon wahnsinnig? Sind meine Sinne bereits so arg mitgenommen, dass ich vergessen habe, was mich noch erwartet? Für solche Landschaftsromantik dürfte ich augenblicklich gar keine Zeit haben! Oder doch? Was, wenn ich niemals wieder Zeit dafür habe, wenn meine Zeit gerade abläuft?
Die junge Sonne beschert Wohligkeit. Doch obwohl sie mir bald den Rücken wärmt, zittere ich. Und diese gleichgültige Erleichterung, die mich plötzlich durchspült, macht mich benommen und schwach, als hätte ich die letzten Energiereserven in mir bereits aufgebraucht. Ich wage nicht mich zu rühren, wage nicht zu riskieren, die angenehme Wohligkeit und den Frieden zu stören, reglos hier im Schnee zu sitzen. Ich möchte die Zeit still stehen lassen. Die gemütliche Wärme in meinem Rücken macht mich schläfrig. Und ich will schlafen, vergessen und schlafen.. Nein! Ich muss jetzt hinunter in Tal!
Das Labyrinth von Spalten, Eistürmen und Gletscherbarriéren wälzt sich chaotisch vor mir bergab, durch eine breite, felsige Schlucht, dem Tal entgegen. Aber immer noch bin ich zweitausend Höhenmeter vom Leben entfernt! Mein Seelenfrieden verflüchtigt sich und die Spannung kehrt zurück. Ich besitze nur noch wenige Kraftreserven, habe nichts zu essen mehr, kein Wasser und auch meine Hoffnung wird von Stunde zu Stunde weniger.
Wieder spüre ich diese Bedrohung, die mich umgibt. Der Tod berührt mich jetzt anders, als noch gestern auf dem Grat. Es ist nicht die Angst vor ihm, die habe ich schon nicht mehr. Aber das Gefühl, den Zeitpunkt seines Eintretens nicht selbst bestimmen zu können, noch nicht ganz für ihn bereit zu sein, treibt mich weiter. Ich halte mich links, etwas zu den Felsen des Brunegghorns, seines Südgrates hin. Dort scheinen die Eisbrüche am wenigsten steil und zerborsten. Oder verfälscht mir die Situation, in der ich mich befinde, meine Optik? Fühle ich mich mehr zu den Felsen hingezogen, weil sie in dieser kalten, unbarmherzig feindlichen Eisebene etwas Abgrenzendes, Unterbrechendes, vielleicht Schützendes darstellen?
Als ich nach einigen Spalten die erste Eisbarriére erreiche, sehe ich, dass das Eis hier fast dreißig Meter glatt abfällt und einen steilen Eiswall bildet. Konzentration! Ich benutze das Bowiemesser als Eisbeil und lasse mich durch eine noch gefrorene Gletscherscharte hinuntergleiten. Unten ist der Schnee tief und die Sonne hat ihn zum Teil schon aufgeweicht. Vierzig Meter durch tiefen Schneesulz, dann die nächste Barriére, ebenso tief. Erst einmal ausruhen. Die Glieder sind schwer, wie aus Blei gegossen. Alles tut weh.
Weiter unten nehme ich einen Schatten im Schnee wahr: Eine durchgehende, sichelförmige Spalte, die einem Gletscherschrund gleicht, schlängelt sich quer über den Eisstrom. Dahinter jäh ein steiler, tiefer Eisbruch. An der am wenigsten steilen Stelle der Barrére versuche ich abwärts zu rutschen; auf dem Hinterteil! Als Alpinist auf dem Gesäß über den Gletscher rodeln, das hätte ich mir nie träumen lassen! Und der weiche Nasschnee macht das Rutschen zudem nicht gerade angenehm. Doch zum Hinabsteigen fehlt mir die Kraft, meine Energie erschöpft sich zusehens.
Von Zeit zu Zeit halte ich an, um Schnee gegen den Durst zu essen, etwas, das mir in der Normalität ebenso wenig einfallen würde, wie das Patschschneerutschen. Siegfried hatte mich häufiger gewarnt, Schnee zu essen! Geistesabwesend starre ich auf die riesige Nordosteiswand des Weißhorns. Schlaffheit. Mein Körper will meinem Geist einfach nicht mehr gehorchen. Weiter! Nur diese innere Stimme hält mich noch in Trab, wann immer mich die Sonne in eine einschläfernde, erschöpfte Benommenheit entführen will.
Eis taut an, es ist Mittag. Quälend schinde ich mich weiter, merke jedoch bald, dass ich nur noch schleppend und schwerfällig voran komme. Aber es stört mich nicht mehr, dass ich mich wie eine Schnecke bewege. Solange ich dieser geheimnisvollen, inneren Stimme gehorche, ist alles gut. Zuweilen mache ich schlapp, verliere mich in einem Tagtraum, finde mich dasitzend, ohne zu wissen, was ich tue, fahre dann schuldbewusst hoch und versuche danach schneller zu gehen, um die verlorene Zeit aufzuholen. Ich schleiche in einer mechanischen Lethargie, fühle mich wie in zwei ungleiche Persönlichkeiten gespalten. Eine kalte, reale Seite in mir begutachtet alles, entscheidet, was zu tun ist und wacht darüber, dass ich es auch ausführe. Die zweite Seite, der Rest, er ist bloßer Traum. Ein dunstiger Schleier von Bildern, so lebhaft und wirklich scheinend, dass ich mich in seinem Bann verliere. Ich beginne mich zu fragen, ob es das Fieber ist, oder die physische Überforderung, oder beides. Bin ich noch normal?
Ein träge ablaufender, verschwommener Film hüllt alles ein: Janine steht da, weit weg von mir auf einem Firnfeld. Sie winkt und ruft, alles in Zeitlupe, aber ich höre nichts. Stille. Schir unerträglich! Doch ich sehe Janine ganz deutlich, sehe ihren verzweifelten Gesichtsausdruck, die Angst in ihren Augen. Sie steht mit dem Rücken an einem Abgrund, der hinter ihr zentimeterweise abbröckelt, Janine aber bemerkt es nicht. Sie steht nur da und winkt mir zu. Ich versuche ihr eine Warnung zuzurufen, strenge mich dazu an, will schreien, aber ich bringe keinen Laut heraus. Dann versuche ich verzweifelt ihr Zeichen zu geben, doch ich kann mich nicht bewegen, meine Glieder sind wie gelähmt. Wie von einer unheimlichen Macht getragen, scheine ich plötzlich auf sie zuzuschweben, aber zu langsam! Himmel, noch mal, zu langsam! Ich werde fast verrückt vor Angst. Janine bemerkt nicht, dass der Abgrund immer näher an sie heran rückt. Sie steht immer noch bloß da und winkt. Und ich kann mich nicht bewegen, werde nur langsam von geheimnisvoller, unbekannter Kraft auf sie zugeschoben. Zu langsam! Dann habe ich sie fast erreicht, spüre schon den Windzug ihres Winkens, strecke ihr meine Hände entgegen, will die ihren fassen, greife aber ins Leere. Der Abgrund war schneller, ich sehe Janine nur noch in ein blendend helles Nichts fallen...
Ich schreie, wache auf und komme langsam wieder zu mir. Diesmal habe ich meinen Schrei gehört. Er war Wirklichkeit! Mir ist kalt. Der Tagtraum klingt langsam ab, aber meine Gedanken sind so verwirrt über die scheinbare Realität dieses Traums, dass ich jegliches Zeitgefühl verloren habe. Ich muss meine Handschuhe ausziehen und auf die Uhr sehen! Eine Ewigkeit später rüttelt mich meine innere Stimme wieder in die Wirklichkeit zurück und ich sehe den Handschuh, den auszuziehen mir nur halb gelungen ist, ziehe ihn wieder auf die Hand und schleiche weiter.
Meine Finger sind gefühllos geworden. Ich starre erneut auf meine behandschuhten Hände, habe im Sinn, die Handschuhe nochmal auszuziehen und die Hände in der Sonne wärmen zu lassen. Doch ich sehe sie einfach nur abwesend an, bis die Stimme mich wieder ruft: "Nimm eine Tablette!"
Ich versuche es, aber ich bekomme das sicher verschnürte Bündel mit meinen steifen Fingern nicht geöffnet. Ach ja, die Handschuhe! Erst die ausziehen, dann die Schnallen! Gleich mehrere Coca- Tabletten schlucke ich auf einmal, wieviele genau, das wird mir erst gar nicht bewusst. Es interessiert mich auch nicht mehr. Ich gehe weiter, an Gletscherspalten und Eistürmen vorbei, etwa so, wie ein Schiff einen Eisberg passiert. Langsam treibe ich an ihnen vorbei und starre auf das entblößte grünblaue Eis. Ich glaube mit ihm in einer Strömung zu treiben und es berührt mich nicht, dass ich die Eisklippen nicht überhole. Ich stiere auf die Figuren im zerborstenen Eis des Abbruchs und bin mir nicht wirklich sicher, ob ich sie sehen kann.
Wieder streite ich mich mit meiner inneren Stimme, ob ich gehe, oder stehe, hören jedoch kann ich nichts. Es ist, als ob diese Stimme nur telephatisch sendet. Gestalten stehen deutlich von den Eisklippen heraus, teilweise nur halb geformt und im Flachrelief des Eises erstarrt. Sonne, Schatten und Farben im Eis geben ihnen Körperlichkeit. Ich habe dieses Bild früher schon einmal gesehen, es erinnert mich an den Pausenhof einer Schule bei Regen. Schon wieder sitze ich im Schnee. Auf, weiter! Nur noch ein par Spalten bis zum nächsten Eisbruch, das kann ich gerade noch registrieren. Eben noch blicke ich zu den Eisgestalten, im nächsten Augenblick bin ich wieder allein und der Gletscherbruch liegt auf mysteriöse Weise plötzlich hinter mir. Bin ich das Stück schon gegangen?
Ein Gesprühe von Eis- und Schneekristallen sticht mir ins Gesicht. Wind kommt auf! Es ist kalt im Wind, aber mein Gesicht glüht, meine Augen brennen wie Feuer. Die geheime innere Stimme meldet sich wieder:
"Los, weiter... Schneller... Du hast schon zu viel Zeit vergeudet!"
Und ich gebe mir alle Mühen, mich zu beeilen. Der Wind treibt feine Schneefahnen vor sich her über den Gletscher, der sich immer noch endlos vor mir erstreckt. Sie wirbeln dicht über der Oberfläche dahin. Manchmal scheinen sie mich einzulullen. Der gesamte Gletscher bewegt sich in feinen Wirbeln und Strudeln vorwärts und ich ströme mit. Schon wieder werde ich müde, so unendlich schwer und müde, lasse mich erneut in den Schnee sinken, gebe mich, wie so oft heute schon, geschlagen. Ich will nur noch schlafen. Mir ist mit einem Mal warm genug, um mich auf dem Schnee von meinen Träumen davontragen zu lassen. Ich friere nicht mehr, die Anstrengungen haben mich wohl genug gewärmt.
Fast schlafe ich schon, döse entrückt und selbstvergessen, rücke ganz nahe zu dem dunklen Trost des Schlafs, des ewigen Traums. Vergebens versuche ich die aufdringliche innere Stimme zu ignorieren. Umsonst! Kontinuierlich und stoisch hämmert sie auf mich ein:
"Nicht einschlafen, nicht hier! Nicht schlafen, mach weiter! Denk an Janine!"
Ach ja, Janine! Ich stehe auf, gehe weiter, denke an sie. Idiotisch! Habe ich vergessen, dass sie gar nicht mehr lebt? Dass sie schon vor langer Zeit gestorben ist? Ich saß doch an ihrem Bett, als sie von mir ging! Aber sie muss doch noch da sein! Ich verliere völlig den Faden, vergesse sogar, dass ich mich auf einem Gletscher inmitten von Spalten befinde. Ich wanke einfach nur blind weiter. Es kommt mir nicht mehr in den Sinn, dass ich womöglich in Gefahr bin.
Plötzlich rolle ich vornüber und stürze! In meinem Nebelschleier erkenne ich nicht einmal wohin ich da mit einem Mal gerutscht bin. Als ich mich umdrehe, erhebt sich über mir eine haushohe, weitere Eisbarriére. Phlegmatisch gehe ich weiter. Dann höre ich ein Lied, mit jeder Strophe gefühlvoller, immer feiner und lieblicher klingt es, bis eine wohlbekannte Stimme es unterbricht:
"Auf... Weiter jetzt! Denk an Janine! Du darfst hier nicht sitzen bleiben!"
Der Bär! Plötzlich begreife ich, dass es die Stimme des großen Bären ist, der mir im Traum erschienen war. Und doch klingt die Stimme, als komme sie aus meiner innersten Seele. Das alles verwirrt mich zusehens. Dennoch, die Stimme hat befohlen, ich soll weitergehen! Und ich gehe, nein, ich schleiche, stolpere erneut, stürze, rappele mich wieder hoch, tappe weiter, in Zeitlupe, der Schnee rutscht hinter mir nach, staut sich in meinem Rücken, bis ich fest an ihm klebe...
Nein. Ich sitze schon wieder! Jetzt höre ich ein Geräusch! Ein Flugzeug! Ist es mir gleichgültig, oder kann ich es nicht sehen? Nein, ich sitze selbst drin! Ich selbst sitze im Cockpit der Maschine! Wie ein außerirdischer Beobachter sehe ich mich selbst zielstrebig an den Instrumenten und an der Steuerung hantieren. Ich kann sogar wieder klar denken, tue alles in völliger Klarheit! Es ist still und warm, lediglich das Röhren des Flugzeugs bleibt als Dauerton. Über irgendetwas bin ich wütend, schlage auf die Steuerung, kann aber nichts hören, nur dieses Röhren der Maschine. Ich sehe, wie ich etwas ins Funkmikrofon spreche, kann aber auch das akustisch nicht wahrnehmen, komme mir vor, wie ein von draußen in die Kanzel hinein schauender, unbeteiligter Zuschauer, obgleich ich doch eigentlich mich selbst beobachte.
Monotones Brummen. Ich fliege über Wasser, über ein Meer, ohne Land am Horizont und ich sehe das Flugzeug, wie es durch die Luft über den Ozean gleitet. Unruhig macht mich dieses Verwirrspiel, dass ich die Maschine eigentlich gar nicht sehen dürfte, weil ich sie ja selbst steuere. Am Zündschlüssel baumelt ein Anhänger. Cherokee steht darauf. Er wackelt im Takt der Flugvibration. Die Maschine brummt weiter, hängt wie festgenagelt in der Stille und Leere des Himmels, scheinbar bewegungslos. Jetzt schalte ich den Autopilot aus, ziehe den Gashebel ein wenig zurück. Ein sanftes Zittern läuft durch Steuerhorn und Sitzteil, aber unverändert bleibt das monotone Maschinengeräusch. Drosselklappe zu, den Hebel ganz zurück. Auf dem T- Griff der Drosselklappe haftet der unansehnliche Rest eines Abziehbildes. Ich ziehe das Steuerhorn weiter zurück, halte die Flugzeugnase damit höher.
Nach einiger Zeit bin ich plötzlich, wie nach einem Szenenwechsel, in motorlosen Gleitflug übergegangen, aber das Motorengeräusch ist noch da, wie vorher: Das gleiche eintönige Brummen. Das Warnsignal müsste eigentlich ertönen, weil der Motor ausgesetzt hat, doch ich höre nur dieses leise Brummen, sehe mich selbst wie lässig auf dem Pilotenplatz sitzen, eine Hand am Steuer, die andere am T- Griff. Ich wirke vorübergehend ruhig, zufriedengestellt, wie nach einem gelungenen Test. Und dennoch ist da eine Anspannung, eine tiefe Sorge in meinem Gesicht. Mit der Linken drücke ich den Gashebel wieder nach vorn, ein Schütteln geht durch die ganze Maschine, der Motor springt wieder an. Ich jedoch höre wieder nur das unveränderte Brummen.
Jetzt Vollgas, ich drücke die Drosselklappe nach vorn. Wenn ich jetzt nicht bald lande, ist es aus. Der linke Tank ist fast leergeflogen und im rechten ist auch nicht mehr viel Sprit. Also muss ich Treibstoff sparen, stelle zwangsläufig das Gemisch so mager ein, wie ich es nur wagen kann, aber die Zylinderkopftemperatur steht schon über der roten Markierungslinie. Motordrehzahl nur wenig unter der Tausendneunhundertmarke, Zylinderkopftemperatur bei knapp 265° Grad. Jetzt stelle ich den Treibstoffhahn auf die rechte Tankposition ein.
Immer noch nur unendlicher Ozean zu sehen, sonst nichts. Der Treibstoff wird arlamierend knapp. Aber der angegebene Kurs ist doch richtig! Und nach dieser Richtungsweisung müsste ich mich jetzt über der Sperrzone von Daytona Bay befinden. Demnach müsste auch die "USS Collin Powell", ein veralteter Träger der Forrestal- Klasse, jeden Augenblick in Sicht kommen. Sie haben mich schon auf der östlichen Grenze von Daytona Bay auf Radar und haben mir bereits alle Daten übermittelt. Nach ihren Angaben sind es nurmehr fünfzehn Meilen bis zum Rendezvous.
Gewundert habe ich mich schon, dass mir die Förderation der freien Vereinigten Nordwestnationen überhaupt den Einflug in ihre Sicherheitszone gestattet. Wind bei drei, bei zero, zero, eins, fünnef. Alimeter eins, zero, eins, fünnef. Acht Meilen Südost, auf der verlängerten Achse des Landedecks der C. Powell. So soll ich einfliegen. Sie haben mir auch dafür einen genauen Kurs gegeben und die Anfrage auf Direktanflug habe ich bereits bestätigt.
Plötzlich zwei Schatten rechts neben mir. Zwei Jäger als Geleit an meiner Seite: Ein alter F-22 Lightning 2- Jäger und ein FVN 50 Strato Allzweckkampfflieger mit Alphapotonenantrieb. Die Lighning erkenne ich an den typischen Schwenkdüsen. Auf alten Trägerscheiben habe ich sie des öfteren gesehen. Sie ist so ziemlich das Älteste, was bei der VF-Force noch fliegt. Dass sie diese veralteten Maschinen bei der terrestrischen Flotte überhaupt noch einsetzen? Sie ist ebenso schon ein Museumsstück, wie meine Maschine mit historischem Propelleraeroantrieb.
Dann endlich kommt die "Collin Powell" in Sicht. In verkürzter Perspektive. Die Lightning zieht sanft nach unten rechts weg, während die Strato einen rasanten Haken nach links schlägt, Schub gibt und sich binnen Sekunden außer Sicht katapultiert. Es ist schon eine Finesse, wie wendig diese neue Strato- Baureihe ist.
Anflug. Der Landerichtstrahl erfasst mich, leitet mich und ich bin bemüht, seinen engen Korridor nicht zu verlassen. Lande- und Startdecks sind wie leergefegt, die Bremsdüsen aus ihren Bunkern ausgefahren. Sie glauben also nicht, dass ich heile herinkomme...
Bremsen frei, Fahrwerk raus und einrasten. Gemisch vollfett. Propellereinstellung auf fein, Verschlüsse und Gurt sichern! Zwanzig Grad nach links, auf die Mittelachse des Leitstrahls, exakt! Landeklappen, Sinkflug. Noch fünf Meilen, aber die Powell ist schon so groß, wie eine kleine Insel. Die Signalpulsare auf dem Landedeck zeigen grün, die Positionsstrahlenlaser am Deckrand bilden eine optische Mauer aus hunderten von vertikalen gelben Lichtlinien. Selbst in diesem Tageslicht erscheinen die Leitstrahlen und Begrenzungsstrahlen wie feste Lichtgerüste, die sich zu einem ausgeklügelten Hohlkörpernetz ergänzen.
Ich schwitze. Es ist das erste Mal, dass ich auf einem Träger lande. Treibstoff bei rot! Der erste Anflug muss passen! Kein Durchstarten, wer weiß, ob die Zeit dann noch reichen würde, um einen zweiten Landeanflug durchzuführen. Und ich kann doch nicht gut schwimmen! Fünfhundert Fuß unter mir der Ozean. Gashebel kurz etwas vor, volle Landeklappen, einrasten. Der schwimmende Flughafen kriecht näher. Schon kann ich Brücke und Tower unterscheiden. Trimmung überprüfen, neu einstellen! Nase hoch, etwas mehr Leistung! Dreihundert Fuß, ich bin zu weit an den westlichen Rand des immer enger werdenden Strahlenkorridors geraten! Seitenwinde! Ausrichten auf die Mittelachse, auf den Rendezvous- Punkt! Gashebel wieder leicht zurück! 250 Fuß, Treibstoffpumpe auf "An". Auf dem Landedeck blitzen weiße, gelbe und rote Markierungen auf. Gas noch mehr zurück! Mist! Zu tief! Landeklappen voll runter, Drosselklappe und Propellereinstellung ganz nach vorn, die Maschine torkelt, wacht auf, schießt hoch. Nachtrimmen!
An den Seiten des Landedecks sind kleine Kakerlakenähnliche Fahrzeuge mit Blinkleuchten aufgefahren. Die glauben also definitiv, dass ich Bruch mache! Hart an der Grenze des Überziehens vorbei, nochmal nachgetrimmt, habe ich jetzt endgültig den 0-0-0-Kontakt zum Leitstrahl. Landeklappen eine Stufe nach oben. Da stottert die Maschine plötzlich, der Propeller läuft nur noch unregelmäßig, der Motor ist aus. Zu lange bin ich wohl mit zu magerem Gemisch geflogen und habe die Maschine heißlaufen lassen. Kolbenfresser!
Das Landedeck kommt auf mich zugerast! "Collin, pass auf, ich komme!" Und diesmal höre ich mich rufen! Landeklappe eine Stufe, Zündung und Hauptschalter aus. Wenigstens über die Bordkante muss ich! Dann das Deck! Ein Strahlenraster erhebt sich vor mir, dann noch eins, und noch eins, jetzt der enorme Druckwiederstand der Bremsdüsen auf dem Deck, der mir die Sinne raubt...
Ich schwitze, mache meine brennenden Augen auf und stelle fest: Irgendwie bin ich von einer kleinen Eisterrasse gerollt. Erleichterung durchströmt mich. Der Traum war so lebendig und wirklichkeitsnah gewesen, dass ich erst glaube, ihn real erlebt zu haben. So deutlich, so echt, in allen Einzelheiten! Es war nur ein Traum, doch höre ich jetzt, wie aus weiter Ferne, den Dialog, den ich im Zusammenhang mit meinen Traumbildern vermisst hatte:
"How are you? What`s your name? What`s your order? Why landing, why, why, why..."
Zwar bin ich jetzt wach und weiß, wo ich mich befinde, doch diese Worte hallen noch immer in meinem Kopf herum und ich erinnere mich an jede Einzelheit, als würde ich mir einen Videofilm ansehen. Irgendwie fühle ich mich entrückt und ich ertappe mich dabei, erneut Passagen aus dem bösen Traum zu hören:
"...Homeplate, Homeplate, may day, may day,... Code parachute, may day..!"
Plötzlich ist die altbekannte Stimme wieder da: "Weiter!" Abermals war ich drauf und dran, ins Land der Träume zu entschweben. Nun versuche ich mich wieder auf meinen Weg zu konzentrieren. Soweit mein Auge reicht, wogt die Oberfläche des Gletschers in makellosen Wellen frischen Schnees dahin. Ich verspüre einen starken, kaum auszuhaltenden Durst und versuche nachzudenken, wo wohl das nächste fließende Wasser ist. Dabei erinnere ich mich wieder an den Flug über den Ozean in meinem Traum. Was ist eigentlich "Daytona Bay"? Irgendwie klingt das schon real, trotzdem ich es nie zuvor gehört habe.
Durst. Welch eine Ironie! Verdursten inmitten von Millionen Tonnen gefrorenen Wassers! Seltsame Dinge scheinen sich in meinem Kopf abzuspielen. Ich habe keine klare Erinnerung mehr an die Abfolge des Geschehens der letzten Stunden. Nur vage Erinnerungsfetzen tauchen auf. Kurze Szenen daraus. Aber wohin ist der Rest des Tages entschwunden? Ist das meinem Mangel an Flüssigkeit und Nahrung zuzuschreiben, oder dem Fieber? Wie viele Stunden bin ich schon hier? Oder gar Tage? Offensichtlich laufe ich auf dem letzten Tropfen, wie im Traum! Dieser Gedanke entsetzt mich.
Der Durst, diese Trockenheit in mir quält mich. Und immer wieder kehren meine Gedanken zu diesem Traum zurück. Was ist da mit mir geschehen? Wieder quält das Verlangen nach Flüssigkeit. Ich werde es nie schaffen, hinunter ins Dorf, wie ist doch gleich der Name? Raron? Ronda? Radon? Ich habe ihn vergessen! Gütiger Himmel, so ist das also, Verdursten! Mein Fieber trocknet mich von innen heraus aus!
Die Stimme ist wieder da: "Weiter, auf, los!"
Darüber muss ich jetzt lachen. Welche Mühe sich die Stimme noch mit mir macht, mit einem schon längst verlorenen Stückchen Leben! Einmal komme ich wieder etwas vorwärts. Nein, ich gehe, nur spüre ich meine Beine nicht mehr! Dafür aber um so mehr meinen Kopf: Außen heiß, wie Lava, innen nur noch ein monotones Summen, wie das des Traumflugzeugs. Bizarre Eisformationen gleiten an mir vorüber. Aber ich erkenne sie immer undeutlicher. Nur noch schemenhaft nehme ich sie wahr. Lassen meine Augen nach? Ach richtig! Es wird wieder Nacht! Es wird auch wieder kälter. Ich spüre die Sinnlosigkeit meines Tuns, dann unendliche Leere.
Nacht? Nein, ich muss mich getäuscht haben, die Sonne geht doch gerade erst auf. Oder habe ich hier geschlafen, noch eine Nacht im ewigen Eis? Unsinn! Dann wäre ich doch erfroren. Ich blicke zum Eisbruch zurück und erst glaube ich noch zu wissen, wo ich bin, doch dann erkenne ich, dass ich mich hoffnungslos verirrt habe. Hysterie droht mich zu überwältigen. Welcher Weg? Wohin?
"Berg abwärts", sagt die Stimme, "nach unten!"
Ich spüre, dass ich wieder gehe. Aber ich habe meinen Beinen doch noch gar keinen Befehl erteilt! Gehe ich denn eigentlich wirklich? Über diese Frage wieder Finsternis. Leere. Irgendwann spüre ich plötzlich Geröll unter mir. Lange Zeit vergeht, bevor es mir recht bewusst wird. Mich durchzuckt ein Strahl von glückhafter Hoffnung. Bin ich aus dem Gletscher heraus? Habe ich es endlich geschafft? Die Erregung in mir wächst. Adrenalin bringt mich für kurze Zeit in die Realität zurück: Durch einen Schleier sehe ich Felsblöcke und Geröll, eine Schuttlandschaft und... Grün!
Grün! Du lieber Himmel, Grün! Wald! Wiese! Leben! Eine irrsinnig glückliche Woge überrollt mich, reißt mich mit sich... Wieder in die Traumwelt zurück! Ich schwebe über grüne Matten, sanfte, blumige Hügel, die sich gleich den Wogen eines Ozeans zu bewegen scheinen. Habe ich es tatsächlich geschafft? Doch immer noch ist da dieses Brennen in den Augen, diese ewigen Nebelschleier, dieses scharfe, stechende Brennen, das mit heißen Tränen meine Sicht trübt. Da wird es mir sprunghaft bewusst: Schneeblind! Natürlich, meine Sonnenbrille hatte ich nach dem Sturz vom Grat nicht mehr gehabt. Ich kneife die Augen zusammen und spähe durch die engen Schlitze zurück auf das blendende Gefunkel des Gletschers. Jetzt schmerzen meine Augen unerträglich und sie wehren sich mit dicken Tränen gegen das grelle Licht.
Ich lehne mich zurück, gegen einen Felsen und fühle mich wohlig warm und entspannt in der Sonne. Aber schon stört die Stimme wieder mit rüdem Ton meinen Frieden: "Los, wach auf, schlaf nicht, geh endlich weiter!"
Einen Augenblick lang weiß ich erneut nicht recht, wo ich bin. All diese bemoosten Felsen, nach der Ewigkeit in Schnee und Eis, nach diesem leeren Weiß! Ich scheine wieder zu schweben. Nein, ich fliege bergab! Ein irres Gefühl! Ich falle wie in Fastschwerelosigkeit hinunter zum Grün. Und ich höre Wasser rauschen, nach einer unendlich langen Zeit des Sturzes. Mit außergewöhnlicher Überwindung öffne ich die Augen noch einmal, zucke aber schmerzhaft vor dem grellen Sonnenlicht zusammen. Tränen verschleiern mir die Sicht. Ich habe keine Kraft mehr aufzustehen, versuche es, aber all meine Glieder versagen mir den Dienst. Endgültig aus!
Aber ich habe doch Grün gesehen, oder war das auch wieder nur ein Traum? Erneut versuche ich die Augen zu öffnen. Ganz langsam gelingt es, doch ich sehe alles nur sehr undeutlich und unter großen Schmerzen. Aber ich sehe es: Gras! Also liege ich im Gras? Na wenn schon, ich liebe die Natur, in ihr zu sterben ist doch schön! Also lass mich nun hinübergleiten in den Tod! Irgendwie sehne ich diese Erlösung nach den unsäglichen Strapazen geradezu herbei...
Die Stimme sagt wieder etwas, aber ich verstehe es nicht mehr. Ich wehre mich gegen die Stimme, versuche mich mit schwachen Worten gegen sie aufzulehnen: "Aufhören! Lass mich doch bitte in Ruhe! Lass mir doch endlich meinen Frieden!"
Langsam überkommt mich ein sagenhaft erleichterndes Gefühl, ein glückliches Gefühl unendlicher Freiheit...
Aus weiter Ferne, wie aus einer anderen Welt, höre ich wieder die Stimme. Halt! Nein, jetzt ist es eine andere Stimme, eine helle Stimme, eine Frauenstimme. Janine? Noch einmal ihren Namen sagen, bevor ich in die Unendlichkeit hinübergleite, aber selbst zum Sprechen scheint mir jetzt die Kraft zu fehlen. Bin ich schon tot? Nur noch einmal ihren Namen hören! Janine.., Janine.., bitte, bleib hier.., Janine... Habe ich das jetzt nur gedacht, oder gesagt? Ach es ist doch gleich... Nur der Gedanke an sie, er erleichtert mir den Übergang. Der Gedanke, der mich jetzt wieder einnebelt...
Ausatmen... Wohligkeit... Leere... Leichtes Nichts. Schweben durch Wolkenschichten, durch Atmosphären, durch Dimensionen... Schweben durch ferne Galaxien? Werde ich nun durch Ewigkeiten hindurch den Sinn des Universums suchen, so, wie ich zuvor durch ewige Zeiten hindurch versucht habe, den Sinn meines Lebens zu finden?
Ich denke! Kann man im Nichts denken? Nein, meine Gedanken beginnen wieder zu arbeiten! Ich höre Janines Stimme wieder. Ist sie gar nicht tot? Habe ich all das nur geträumt, dass sie Leukämie hatte, dass diese Krankheit sie besiegt hatte? Wache ich jetzt auf und sie ist da und wir können zusammen frühstücken? Ich muss aufwachen, ich will sie in die Arme nehmen! Himmel, lass mich doch endlich aufwachen! Wieder Janines Stimme, Fetzen nur, aber so deutlich, als stünde sie neben mir:
"...oberhalb vom Bisbach.., ich bleibe hier.., Fieber.., und die Augen..!"
"Janine, geh nicht weg, bitte, bleib hier, ich liebe Dich..." Habe ich das jetzt gesagt? Das Denken fällt mir schwer, es ist so anstrengend. Meine Gedanken lösen sich wieder in wallende Nebel und wohlige Zufriedenheit auf...
Irgendwann spüre ich einen stechenden Schmerz, ohne ihn aber an meinem Körper lokalisieren zu können. Kurze Zeit Stille, dann spüre ich, dass mich jemand berührt.
"Janine..?" Ja, ich habe das jetzt gerufen, ich kann wieder sprechen, aber ich erkenne meine eigene Stimme nicht wieder. Dafür spüre ich eine feingliedrige Hand auf der meinen. Ja, es ist Janine, sie ist wieder bei mir! Nein, ich bin bei ihr! Ich habe es endlich geschafft! Nach so vielen einsamen Jahren habe ich endlich den Weg in ihre Welt gefunden. Endlich können wir wieder zusammen sein! Jetzt höre ich sie ganz deutlich:
"Ja, ich bin es, wie fühlst Du Dich? Keine Angst, ich bleibe hier..!"
Aber ich kann Janine nicht sehen! Warum kann ich sie nicht sehen, wenn ich sie doch hören und fühlen kann? Oder ist es doch wieder nur ein böser Traum, der mich sie nicht sehen lässt? Nein! Sie ist ein Geist und ich bin auch einer! Wir können uns hören, fühlen, aber nicht sehen! Aber wir dürfen wieder zusammen sein! Meine Gedanken lösen sich auf, in Schwindel, Müdigkeit und Gleichgültigkeit, dann wieder Leere...
Irgendwann registrieren meine Sinne wieder etwas. Das erste, was ich empfinde, ist ein Schmerz, eine tiefverwurzelte Qual in meinem ganzen Körper. Er wird stärker, zu einem glühenden Feuer, das mich verzehrt. Lange brauche ich, um zu begreifen, dass meine Augen Ursache dieser Schmerzen sind. Ich versuche sie zu öffnen, doch sie gehorchen mir nicht mehr. Ich rufe nach Janine, mehr meinem Gefühl folgend, als klarer Überlegung. Und sie ist wieder da, ich fühle ihre Hand auf meinem Gesicht und spüre ihren Atem, als ihre Stimme mich beruhigt:
"Sie müssen ruhig liegen, sie dürfen sich noch nicht bewegen!"
Aber warum spricht sie mit mir, wie mit einem Fremden? Doch es ist denn schon egal, ihre Stimme klingt so sanft und freundlich, ich möchte nicht, dass sie wieder von mir geht, deshalb füge ich mich und versinke wieder in barmherziger Bewusstlosigkeit...

Als ich wieder zu mir komme, geschieht das in einem anonymen, mir völlig fremden Zimmer. Der Schmerz sitzt mir zwar immer noch im ganzen Körper, hat aber erheblich nachgelassen und ich finde ihn erträglich. Weniger erträglich finde ich die peinliche Lage, in der ich mich befinde: Klatschnaß geschwitzt liege ich knapp bekleidet in einem fremden Bett und Janine entpuppt sich als eine mir völlig unbekannte, junge Frau.
Ich bin verblüfft und enttäuscht zugleich, nicht Janine bei mir zu haben, gleichzeitig bin ich erschrocken über diesen deutlichen, realistisch scheinenden Traum. Verwundert bin ich auch über die klare Erinnerung an das fiktiv Erlebte. Ich benötige einige Zeit, um Traum und Wirklichkeit trennen zu können. Es fällt mir schwer, eine Grenze zu ziehen. Was war Wirklichkeit und was Traumphantasie? Erst, als mein Verstand sich langsam Klarheit verschafft, mir mitteilt, was nach Stand des Wissen sein kann und was nicht, bin ich in der Lage, diese Grenze abzustecken.
Als mir bewusst wird, dass ich auf einem weichen Bett liege, Hunger und Durst verspüre, weiß ich: Ich bin wieder in der Realität! Ich habe es geschafft, dem ewigen Eis zu entrinnen und ich lebe! Auch erkenne ich langsam, dass ich mich auf der dünnen Grenzlinie zwischen Leben und Tod bewegt habe. Sicher aber eine ganze Zeit lang in der Welt des Traums, worin ich geneigt bin, eine Gnade zu sehen, denn wenn ich ständig bei vollem Bewusstsein gewesen wäre, glaube ich nicht, dass ich diese Grenzsituation überlebt hätte. Der Traum war auch Hoffnung!
Und Enttäuschung! Ich habe meine Janine nicht wieder gefunden! Es braucht eine Weile, um zu begreifen, dass sie mir das Schicksal wirklich für alle Zeiten entrissen hat. Diese Ettäuschung ist so groß, dass sie mich schmerzt. Wie gern möchte ich mich jetzt wieder zurückflüchten in diesen Traum, in dem ich wieder mit ihr zusammen sein durfte. Er erschien mir wertvoller, als alles bisher real Erlebte! Ich spüre die Sehnsucht in mir wachsen, nach diesem Mädchen, dass ich so sehr liebte und die mir einfach genommen wurde. So stark wird diese Sehnsucht in mir, dass ich in tiefe Depression falle und mich augenblicklich wieder dort oben auf den einsamen Gletscher wünsche!
Aber die Frage, welche meiner innersten, vielleicht auch nur in meinem Unterbewusstsein vorhandenen Ängste oder Wünsche dieser deutliche, real scheinende Traum wiedergespiegelt hat, bleibt zumindest dahingehend offen, inwieweit sie mein aktuelles Leben betreffen. Ich kann sie nicht beantworten. Aber vielleicht ist es der Wunsch, der so tief in mir brennt und sich nie wieder beenden lässt: Das ich meine liebe, kleine Frau, meine geliebte Janine wieder in die Arme nehmen kann. Auch die Angst vor Krieg, vor tiefem Wasser, vor einem Absturz, vor dem Risiko, dem ich mich als Berggänger ständig aussetze und das mich diesmal fast erwischt hätte, scheinen eine große Rolle in meinem Unterbewusstsein zu spielen. Vor allem aber, der Wunsch, Janine wiederzusehen, die Sehnsucht nach Liebe, nach einem Zuhause.
Dabei wird mir jetzt, im Nachherein klar: In einer Grenzsituation wünscht sich der Mensch nichts sehnlicher, als einen lieben Menschen, der bei ihm ist!
 
 
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